Tierische Geschichten: Zottel, Klara und Max

Zottel, Klara, Max 001

Zottel, der schwarze gefährliche Hund

Nachdem meine Cairn-Terrier Hündin „Beffchen“ im Mai 2010 verstorben war, wollte ich eigentlich keinen Hund mehr haben Die Trauer saß soooo tief!
Ich habe die „hundelose“ Zeit allerdings auch irgendwie genossen. Habe ich doch Dinge tun können, die mit einem Hund zu tun nie möglich gewesen wäre. Und so habe ich diesen „Leben-ohne-Hund-Zustand“ auch als ganz angenehm empfunden und wollte es eigentlich auch dabei belassen.

Bis…., ja bis!!!!

Bis ich ab Januar 2011 als Gassigeherin ins Tierheim Gießen kam. Gießen deshalb, weil das von meiner Arbeitsstelle gut und einfach zu erreichen war.
Ich hatte gleich zu Beginn darum gebeten, nur mit kleineren Hunden gehen zu dürfen. Weil ich nämlich auf dem Standpunkt stehe, dass ich nur einen Hund nehme, den ich körperlich auch gut bewältigen kann, den ich im Notfall auch mal eine Strecke tragen kann.
So kam ich irgendwann an den „Zottel“, so genannt von den Tierheimmädels, weil er eben auch wie ein solcher aussieht. Mit dem Zottel durfte ich wegen einer Knieverletzung am linken Hinterlauf täglich nur 20 Minuten gehen. Die Verletzung war trotz der Gabe von Medikamenten sichtlich schmerzhaft. Der Zottel humpelte wie Charlie Chaplin!

Zottel war in einer eiskalten Dezembernacht 2010 in die „Hundeklappe“ des Tierheims Gießen (aus)-gesetzt worden, ohne irgendwelche Angaben zu seinem Namen, seinem Alter, seiner Erkrankung und überhaupt eben völlig anonym. Er war zu der Zeit geschätzte acht bis zehn Jahre alt.
Anfangs hat mich der Zottel gar nicht groß beachtet. Er hat sich zwar problemlos anleinen lassen, aber ich hatte immer das Gefühl, ich bin nur das Ende der Leine. Das Ende, das dafür sorgt, dass er raus kommt und ausgiebigst und mit tiefster Konzentration schnuffeln und die Gegend auskundschaften konnte.
Nach ein paar Wochen wurde unser „Verhältnis“ immer besser. Zottel hat sich dann schon richtig doll gefreut, wenn ich kam und hat sich auch mal streicheln lassen. Das hatte er anfangs nicht gerne zugelassen. Er war furchtbar misstrauisch und hat sich immer abgewandt.

Zottel vor dem Besuch bei „seiner“ Friseurin Dann ist, oh Schreck, bei der Bewertung von Zottels Charakter und Verhalten festgestellt worden, dass er ein gefährlicher Hund ist: er ließ sich sein Futter nicht wegnehmen, er hat geknurrt und wohl auch mal geschnappt und war eben rundherum unberechenbar. Das hieß, er war als Hund für eine Familie mit Kindern schon mal nicht geeignet. Mit seiner Knieerkrankung und dieser charakterlichen Einschätzung schwebte nun das Damoklesschwert „nicht zu vermitteln“ über ihm.
Eigentlich hätte ich mich jetzt als „Nur-Gassigeherin“ gar nicht mehr um den gefährlichen Zottel kümmern dürfen. Aber die Tierheimmädels kamen nach langwierigen Beratungen zu dem Ergebnis, dass halt nur noch ich mit ihm gehen darf, weil wir uns mittlerweile ganz gut aneinander gewöhnt hatten, der Zottel und ich.
Mich hatte der Zottel nie angeknurrt, oder sonst wie seinen Unmut kund getan.
Aber ich hatte auch schon gemerkt, dass anfassen und streicheln nicht so sein Ding waren. So habe ich ihn eben in Ruhe gelassen und seine „Behandlungswünsche“ respektiert.

Na, irgendwie kam es so, wie es kommen musste: ich hatte mich in „meinen“ Zottel verliebt und ihn mit nach Hause genommen.

Ich habe sein Knie operieren lassen und er ist seitdem schmerzfrei. Nur sein nach Aussagen der Ärzte zur Gewohnheit gewordenes, aber sehr charmantes „Charlie-Chaplin“-Hinken hat er beibehalten. Wenn er jedoch den Befehl „Vie-Fu-Zo“ – das ist die Abkürzung für „Vier-Fuß-Zottel“ – bekommt, dann lässt er das Hinken sein. Oder wenn er ganz schnell über die Wiesen rennt, oder wenn er aufgrund des Geländes den „Allrad-Antrieb“ einschalten muss.

Zottel nach dem Besuch bei „seiner“ Friseurin Zottel ist jetzt ein toller, zufriedener kleiner Hund, der sich seinen Napf wegnehmen lässt, der allen Schwierigkeiten aus dem Weg geht und der keiner Fliege was zuleide tut. Er will nur raus, raus, raus, und schnuffeln, schnuffeln, schnuffeln. Obwohl er jetzt zwischen elf und dreizehn Jahre sein wird, ist er unermüdlich mehrere Stunden mit uns unterwegs. Sein anfängliches Misstrauen hat er so gut wie verloren. Fremden gegenüber ist er immer noch ein wenig zurückhaltend und mag nicht so dolle gern gestreichelt werden. Von einem gefährlichen Hund kann jedoch überhaupt keine Rede mehr sein.

Es war nicht Liebe auf den ersten Blick, und eigentlich wollte ich ja auch gar keinen Hund mehr haben. Aber irgendwie hat sich der Zottel mich ausgesucht, und daran hat er ganz, ganz schlau sehr, sehr gut getan!!! Er gehört jetzt zu mir und ich werde ihn auch nicht mehr hergeben!

Das war die Geschichte vom Zottel.
Die Geschichte von der Klara folgt demnächst an dieser Stelle.

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