Top-Tiere hoppeln durch ihr neues Asyl

Kooperation zwischen dem Wehrdaer Unternehmen Fressnapf und dem Tierheim.

In einem Wehrdaer Fachgeschäft werden ab sofort heimatlose Tiere zur Vermittlung ausgestellt. Die Praxis ist in den USA üblich, Marburg soll nun den Startschuss für eine deutschlandweite Hilfs-Offensive geben.

Wehrda. Asyl für Nager: Immer mehr Marburger geben ihre Kleintiere im Tierheim ab. In den vergangenen Jahren stieg die Zahl der Hamster, Kaninchen und Co., die das Cappeler Heim aufnehmen musste, deutlich an: 600 werden pro Jahr dort einquartiert. „Und es kommen stets mehr rein als wir vermitteln können“, sagt Robert Neureuther, Geschäftsführer des Tierheims in Cappel. Das Resultat: Der ohnehin spärliche Platz wird knapp, die Kapazitäten reichen nicht aus für die Nager-Flut. „Und die Kosten für deren Unterbringung drücken uns immer stärker an die Wand“, sagt er.

Das Wehrdaer Unternehmen Fressnapf startet daher eine Hilfsaktion. Ab sofort stellt die Firma eine Adoptivstation in den Geschäftsräumen aus. 20 Nager, vor allem Degus, Mäuse und Ratten, haben in den neuen Gehegen Platz. „Das ist auch als eine räumliche Erweiterung gedacht“, sagt Jens Schäfer, Marktleiter des Konzerns, der deutschlandweit 850 Märkte betreibt. Marburg ist der erste Laden mit einer Adoptivstation, von dort aus plant der Händler eine Kooperations-Offensive mit Tierheimen in der gesamten Republik. „In den USA und Großbritannien sind Adoptionen von Tieren in Fachmärkten selbstverständlich. Hierzulande wollen wir so ein System nun aufbauen“, sagt Burkhard Elberg, Projektchef bei Fressnapf.

Die Hoffnung der Kooperationspartner: Gezielt Tier-freunde ansprechen zu können. „Die Kundenströme sind in einem Markt naturgemäß um ein Vielfaches stärker als in einem Tierheim“, sagt Schäfer. Wenn monatlich Tausende durch das Geschäft in der Industriestraße shoppen, sei die Chance, dass sich jemand für einen Nager interessiere, größer. „Zu uns kommt ja zudem ein bestimmtes, oft mit Tieren erfahrenes Klientel“, sagt Schäfer. Doch Hunde und Katzen – die Vermittlungs-Hits des Cappeler Tierheims – haben ebenso wenig Platz in und um die Adoptierstation wie Reptilien oder Vögel. Vor allem aufgrund gesetzlicher Bestimmungen.
Die Hamster, Kaninchen und Artverwandten, die nun in den Wehrdaer Gehegen ein neues Zwischenheim finden, seien keinesfalls Problemfälle, schwer vermittelbare Lebewesen. „Alle sind stets medizinisch gecheckt, geimpft und aufgepäppelt wenn sie nach Wehrda kommen. Auch psychische Handicaps haben die nicht“, sagt Neureuther.

Zum Verkauf – das betont Schäfer – stehe keines der Tiere. Sie werden im Markt von Profis vermittelt, nach Gesprächen mit den Interessenten. Die nach Vermittlung anfallenden Gebühren decken nach Aussagen von Fressnapf nur einige Kosten des Tierheims. Montags bis samstags von 15 bis 17 Uhr werden ehrenamtliche Helfer die Adoptierstube betreuen.

von Björn Wisker (Erschienen in der Oberhessischen Presse, Ausgabe 23.07.2013)

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