Kein Gejaule unterm Weihnachtsbaum

Tierheim warnt vor vierbeinigen Weihnachtsgeschenken · „Entscheidung muss reiflich überdacht werden“

Keine Tiere unter den Tannenbaum – das sagt das Tierheim Marburg und warnt davor, zu Weihnachten Katzen, Hunde oder Meerschweinchen zu verschenken.
von Carsten Bergmann

Marburg. Mit funkelnden Augen betteln die Kinder um vierbeinigen Familienzuwachs schon das ganze Jahr über. An Weihnachten dann schmilzt so mancher elterliche Widerstand. Das böse Erwachen kommt kurz nach dem Fest, wenn es draußen regnet, der Hund aber trotzdem Gassi gehen will. Spätestens bei der Planung des nächsten Familienurlaubs ist dann guter Rat teuer. Situationen, vor denen Robert Neureuther, Geschäftsführer des Marburger Tierheims in Marburg eindringlich warnt. Und das, obwohl die Einrichtung in Cappel froh über jeden tierischen Bewohner ist. „Ein Tier ist wie ein Familienmitglied. Eine solche Entscheidung will wohl überlegt sein.“ Und deswegen sagt er auch: „Wir vermitteln keine Weihnachtsgeschenke.“

Damit auch gar niemand in Versuchung gerät, schließt das Tierheim seine Pforten für Besucher zwischen dem 21. Dezember und 6. Januar. Die aktuell 28 Hunde, 63 Katzen und weitere 50 Kleintiere wie Mäuse, Vögel und Ratten werden vom siebenköpfigen Team versorgt. „Eine Familie muss sich genau überlegen, ob es sich auf Dauer
ein Tier leisten kann“, sagt Neureuther und rechnet vor. Ein Hund, der im Schnitt 48 Tage im Tierheim versorgt wird, kostet 1 400 Euro. Bei Futter, Arztund
Personalkosten kommt einiges zusammen. Eine Katze kostet zwischen 1200 und 1700 Euro, ein Kleintier im Schnitt 600 Euro. Tiere kosten Geld, das müsse man sich bewusst vor Augen führen, wenn man sich entscheidet, sagt der Geschäftsführer. Wenn die Wahl für tierische Familienzuwachs wohl überlegt getroffen wurde, dann rät Neureuther zum Gang ins Tierheim. Auf keinen Fall sollen billige Angebote aus dem Internet genutzt werden. „Da wird mit Emotionen gespielt. Ordentlich gepflegte Tiere kosten nun einmal Geld.“ Online-Händler bieten zwar günstigere Preise an, die Folgeleistungen bei Arztbesuchen seien in der Summe aber oftmals viel teurer.

Beim Tierheim werden alle Neuankömmlinge untersucht, geimpft und kastriert. Für 300 Euro gibt es dann einen Hund, Rassetiere kosten zwischen 400 und 500 Euro. Eine Katze kostet 130 Euro, Rassekatzen zwischen 300 und 400 Euro. „Die Käufer haben dann die Sicherheit, dass es dem Tier gut geht.“ Anders sehe das beim „Welpen-
Wühltisch“ im Internet oder auf Märkten aus, wo Tiere aus Massenproduktion und oftmals mit Krankheiten und Verletzungen angeboten werden. Was aber tun, wenn sich der Wunsch nach einem tierischen Begleiter manifestiert hat? „Informieren Sie sich und lassen Sie sich Zeit. Nur so geht‘s. Wenn Sie ein Tier aus dem Heim oder von einem seriösen Tierschutzverein holen, dann freuen sich gleich zwei Seiten“, sagt Neureuther.

Wohin falsche vermeintliche Tierliebe führen kann, das musste Hütehund „Hansi“ spüren. Sein Vorbesitzer hat den Vierbeiner aufs Übelste misshandelt. Mitte 2011 kam Hansi ins Tierheim Cappel, war aber nicht zu vermitteln. Sein Wesen war völlig eingeschüchtert, der Hund traute sich nicht mehr in die Nähe von Menschen. Dank
der finanziellen Unterstützung der Marburger Geschäftsfrau Karin Ahrens kümmert sich nun eine Tiertrainerin auf dem Gnadenhof in Randstadt-Bellmuth um das Tier – und erzielt erstaunliche Fortschritte. Die schwierigste Aufgabe: der Hund muss wieder Vertrauen zu seinem Herrchen finden. Am Ende, so hoffen die Tiertrainerin
Heike Prüß und Dani Müller, könne Hansi ein neues Zuhause bei einer Familie finden. Wenn Sie das Tierheim unterstützen möchten, zum Beispiel mit Futterpatenschaften, dann finden Sie alle Informationen im Internet unter tierheim-marburg.de. Bei allen Fragen stehen Ihnen die Mitarbeiter unter 06421 46792 zur Seite.

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