Hansi – ein wahres „Hundeleben“…..

Der von seinem Vorbesitzer schwer misshandelte ehemalige Hütehund Hansi (Harzer-Fuchs-Rüde) lebte seit Mitte 2011 im Tierheim Marburg-Cappel. Die negativen Erfahrungen hatten das Tier so beeinflusst, dass es unvermittelbar war. Seit Oktober 2012 wird das scheue Tier in dem Gnadenhof Ranstadt-Bellmuth von Dani Müller behutsam und schrittweise an Menschen gewöhnt. Dennoch bedarf etwas mehr, um das Tier fit für den Alltag und eine Vermittlung zu machen.
Ohne Narkose wäre es undenkbar gewesen, das Tier die 80 Kilometer vom Tierheim nach Ranstadt zu transportieren. Sein einziger bis dahin beobachteter Kontakt zu den Menschen bestand darin, sie in einem maximalen Radius von einem halben Meter zu umtänzeln, zu verbellen und anzuknurren. Was zu seinem grundlegenden Misstrauen gegen alle Zweibeiner geführt hat, lässt sich nur erahnen, besser gar nicht so genau wissen; denn Hansi wurde ein Jahr zuvor von Uniformierten als Fundtier im Tierheim Cappel abgegeben. Vorgeschichte also unbekannt.
Hundetrainerin Heike Prüß und Dani Müller hatten zunächst einen detaillierten Trainingsplan für Hansi erarbeitet.
„Aber die ersten 48 Stunden nach seiner Ankunft ließen wir ihn in Ruhe, stellten ihm nur die volle Futterschüssel hin, nahmen die leere wieder weg, füllten sein Wasser auf, ignorierten sein warnendes Knurren – die einzige Regung eines vor Angst fast erstarrten Hundes, dem die neue Umgebung und die ohnehin verhassten Menschen fremd waren“, erinnern sich die beiden Frauen.

Die folgenden Tage waren für Hansi anstrengend. Große Hilfe kam von Mori, einem ungarischen Hütehund, der im Sommer 2011 aus schlechter Haltung zu uns gekommen war. Er hatte als erster der Hunde Kontakt zu Hansi aufgenommen, holte ihn aus Angstsituationen ab, zeigte permanente Präsenz und schritt ein, wenn die Situation zwischen Mensch und Hund unklar war oder zu eskalieren drohte.
Als der Hund begann, den hinteren Teil des Raumes als sein Revier zu verteidigen, wurde er nach vorne in die Hundegruppe geholt , wo er sich einen neuen Platz suchen und ihn mit anderen teilen musste und wo vor allem gezwungen war, die Nähe der Menschen zu ertragen. (Bis heute ist das zernagte dreisitzige Sofa sein Dreh- und Angelpunkt.)

Das Training begann dann mit Lektionen wie „erster Leinengang in den Innenhof, Annäherung an den Hund durch erste Berührungen/Streicheleinheiten und andere Reize, erster Leinengang in den Garten und schließlich erster Spaziergang außerhalb des Geländes“.
Es folgten alltagsorientierte Aufgaben wie der erste Freilauf ohne Leine im Garten. Gefüttert wurde dann überwiegend aus der Hand, um weitere Bindungen aufzubauen.
Und gelernt werden mussten natürlich die unumgänglichen Grundkommandos „Hier“, „Sitz“, „Platz“ und „Fuß“.
Nicht ganz einfach waren die Lektionen “Begegnungen mit anderen/fremden Menschen provozieren“ steht sowie das Haustraining (Gewöhnen an enge unbekannte Räume).

Begleitet wurde dieser Entwicklungsprozess durch regelmäßige Arbeitseinheiten mit Hansis Trainerin. Dabei ging es um das Erarbeiten von Grundkommandos und Leinenführigkeit ab, zum anderen aber auch darum, die Toleranz des Hundes gegenüber unbekannten Räumen, Menschen, Konstellationen und Geräuschen zu erhöhen. Also kam er mit in die Küche, ins Klavierzimmer, in den Waschkeller und den Schafstall. Wurde er mit Besuchern der Tierpension und der Straußwirtschaft konfrontiert. Noch immer ist ihm sein Unbehagen in solchen Situationen deutlich anzumerken, hat er immer einen potenziellen Fluchtweg oder eben seinen „Hundekumpel“ Mori im Visier. Aber sein Wissen darum, dass ihm nichts geschehen wird, hat eben auch deutlich zugenommen. Er lässt sich von vertrauten Menschen streicheln, legt sich dafür sogar auf den Rücken, lässt die Fellpflege über sich ergehen, genießt sie und lässt sich ohne Narkose und Drohverhalten von der Tierärztin behandeln.

Hansi –aktuell:

Besuch der Marburger Hundetrainer auf dem Carlshof in Ranstadt-Bellmuth
Hansi wurde von Anne Böttner und Martin Lauer, die beide seit kurzem ehrenamtlich das Tierheim Cappel als Hundetrainer unterstützen, aus seinem Zimmer geholt und durch einem Flur nach draußen in einen Hof geführt. Auf dem Weg nach draußen zeigt sich der Hund zunächst unsicher und ängstlich, er drückte sich an den Wänden entlang. Auf dem Hof zeigt er sich ebenfalls noch ängstlich und hielt sich mit einer demütigenden Haltung in großem Abstand zu uns auf. Dabei zeigte er immer wieder Fluchtbereitschaft.

Die ihm vertraute Tierpflegerin konnte ihn jedoch ohne Probleme anleinen und auch durch den Hof führen. Martin Lauer konnte sich zu diesem Zeitpunkt auch Hansi näheren, hierbei zeigte Hansi kein aggressives Verhalten, sondern die Bereitschaft zur Flucht. Als der Hund die Möglichkeit bekam, verschwand er im Haus.
Die weitere Vorstellung des Tieres für die Marburger Hundetrainer fand im anliegenden Garten im Beisein des Hütehundes Mori statt, an dem sich Hansi schon in der ganzen Zeit der Unterbringung orientiert.
Im Garten zeigte sich gleich ein anderes Verhaltensbild des Tieres, obwohl Hansi auch hier erst einmal die entfernteste Ecke aufsuchte. Er wirke deutlich entspannter und spielte mit den anderen Hunden. Ein Interesse an den Schafen und den Laufenten, die sich im Garten befanden, war nicht festzustellen. Nach einiger Zeit näherte sich Hansi vorsichtig Robert Neureuther und schnupperte ihm an der Hand.

Als Hansi eine Möglichkeit erkannte, verschwand er allerdings wieder und lief ins Haus. „Dort konnten wir das Tier bei der Verabschiedung entspannt auf einem Sofa zusammen mit der ihm vertrauten Tierpflegerin beobachten“, so Anne Böttner.
Der Pflegezustand des Hundes wurde von den Marburger Besuchern als optimal bezeichnet.

Fazit des Besuchs:
Im Falle einer Vermittlung sollte Hansi in ein bestehendes, sozialkompetentes Rudel integriert werden, damit ihn diese Hunde auf seinem Weg weiter Sicherheit geben können, wobei der neue Hundebesitzer schon Erfahrung mit Hütehunden mitbringen sollte.
Denkbar wäre aber auch ferner, dass sein Wegbegleiter Mori, mit dem Hansi zurzeit zusammenlebt, mit vermittelt wird.

Eine Rückführung von Hansi ins Tierheim ist zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch verfrüht. Dies würde dem Rüden zu viel Stress bereiten, meinten die Marburger Hundetrainer.

Bericht von Pressesprecher R. Kieselbach
Bilder © Frau D. Müller

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